GoOFFline

GoOFFline #1 Schluss mit der Routine!

Ein weiterer stickiger Tag in einem überfüllten Büro im Zentrum einer smogbedeckten Stadt. Das Klappern der Finger wirbelt Staub auf die Tastatur eines überhitzten Laptops. Ein weiterer Auftrag, eine weitere Rechnung, eine weitere E-Mail von einem aufdringlichen Kunden. Eine Beschwerde, eine Klage, eine Forderung. Buchstaben, Zahlen, Sonderzeichen, “Schönen Tag”, “Beste Grüße”, “Viel Glück”.

Eine Aneinanderreihung von Buchstaben verschmilzt auf dem Bildschirm zu einem reißenden Strom von digitalem Chaos. Speichern, drucken, antworten, Feedback geben, eine Bewertung schreiben. Noch eine E-Mail und noch eine, ein endloses Kommen und Gehen. Der Messenger quillt über vor Nachrichten, WhatsApp flattert vor Dringlichkeit, eine Telekonferenz wird in drei Minuten beginnen. Der Benachrichtigungssummer ertönt mit der Frequenz eines Krankenhaus-Pulsmonitors.
Der Stapel elektronischer Spam-Mails wächst, ebenso wie der Papierstapel auf dem Schreibtisch. Ein Thema nach dem anderen, der Ordner “Zurückgestellt” platzt aus allen Nähten. Abhaken, erinnern, weiterleiten, in der Erledigung ablegen. Die Finger streichen über die Tastatur, die Augen verfolgen die über den Bildschirm galoppierende Zeichenfolge. Ich bin im falschen Jahrhundert geboren, denkst du. Anstatt auf den Feldern eines mittelalterlichen Schlachtfeld mit einer Axt Feinde zu vernichten, kämpfe ich mit meinen Fingerspitzen gegen die unsichtbare Welt, die sich in einem schwarzen Plastikkasten verbirgt.

Jetzt reicht’s!

Du ziehst den Stecker aus der Steckdose, Bildschirm aus. Du sprengst die Stille der Luft, schleuderst bedruckte Seiten in den klaustrophobischen Raum.
Es gibt eine Schublade in der ungeraden Reihe der Büroschränke. Die besondere Schublade. Dein privates Jumanji.

 

Du öffnest sie.

Es ist ein wunderschöner Tag. Einer von denen, die nur die Natur malen kann. Du bahnst dir deinen Weg durch das grenzenlose Grün. Der Wind trägt deinen gleichmäßigen Schritt. In deinem Rucksack trägst du dein Zuhause und dein Essen. Das ist genug, um dich glücklich zu machen. Da ist auch ein Hund. Dein glücklicher Hund auf einem endlosen Spaziergang, von dem alle Hunde träumen.

Mit einem tiefen Atemzug saugst du die Welt in dich auf. Dein Blut rauscht in deinen Adern, deine Muskeln erwachen zum Leben. Du brauchst keine Axt und kein mittelalterliches Schlachtfeld mehr. Dies ist genau das Jahrhundert, in dem du hättest geboren werden sollen, und genau der Ort, mit dem du dich eins fühlst.
Du schlägst das Zelt auf und schaust auf den Fluss. Vom Wasser geht eine angenehme Kühle aus. Du bist hier und jetzt.
Ein Tag, ein Wochenende, eine Woche. Es spielt keine Rolle, wie lange, wichtig ist nur, dass es wirklich ist. Sonne, Wind, Regen. Du, dein treuer Hund und deine bewährte Ausrüstung.
Du kehrst zu deinen Wurzeln zurück, entdeckst, wozu du fähig bist, wofür du geschaffen wurdest. Du nimmst den Rhythmus auf, du nimmst die Ruhe auf.

Du bist offline.

copyright© by Juliusz Wojciechowicz

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